Zeit haben. Sich Zeit nehmen. Die Zeit haben, sich Zeit zu nehmen.
„Das war vielleicht nur ein Jahr“, sagt Judith Hasler. „Aber es war mein Jahr.“
Judith blickt zurück auf ihren Freiwilligendienst. Von August 2015 bis August 2016 hat sie als Volontärin im Kloster Tabgha (Israel) gelebt. Einen Steinwurf vom See Genezareth entfernt fand sie in ihrer Volontärs- und der Benediktiner-Klostergemeinschaft ein echtes zu Hause – fernab der Heimat.
Das klösterliche Leben, auf engstem Raum mit wildfremden Menschen, war eine große Herausforderung für die 21-Jährige. Sich auf etwas Neues einlassen bedeutet auch, Konflikte und Tiefpunkte aushalten zu müssen. Ein Jahr im Ausland ist nicht immer Zuckerschlecken. „Aber es gibt Momente, da weißt du einfach, wofür du das machst“, sagt Judith.
Zum Beispiel, wenn die Begegnungsstätte, in der sie gearbeitet hat, voller Leben, voller Glück war. In Tabgha können sich Kinder und Jugendliche, die im israelisch-palästinensischen Konflikt verletzt wurden oder mit einer Behinderung leben müssen, eine Auszeit nehmen. Sie genießen dann das Wetter, den Pool, die Ruhe.
Und Judith hat es immer genossen, wenn andere genießen konnten. Ihr Job war es, dafür den richtigen Rahmen zu schaffen: Saubere Schlafstätten und Toiletten, ein gepflegter Garten, ein offenes Ohr für die Gäste. „Es wurde getanzt, es wurde gelacht, es war so unbekümmert. Und wir wurden immer miteingeschlossen – vom ersten Abend an. Obwohl wir niemanden kannten.“
Durch das Leben in Israel, den Kontakt mit Menschen, die dauerhaft Schaden in diesem Konflikt genommen haben und die Möglichkeit, mit einem deutschen Reisepass auch die palästinensischen Gebiete zu erkunden, hat Judith gelernt: „Es ist alles noch viel komplizierter, als ich dachte. Und es wird mit jeder Erkenntnis komplizierter.“ Sie maßt sich nicht an, ein endgültiges Urteil über die Probleme der Region zu fällen. Jeder Palästinenser, jeder Israeli, jeder Gast in diesem Land hat seine eigene Geschichte. Judith hat versucht, so viele wie möglich davon zu hören. „Es ist ein Privileg, alle Seiten kennen zu lernen“, sagt sie.
Und dann erlaubt sie sich doch eine Art Mini-Urteil: „Es ist schade, dass es so wenig Miteinander gibt.“ Das bedrückt sie bis heute.
Aber es überwiegt die Freude darüber, das Abenteuer Freiwilligendienst gepackt zu haben. Der berühmte Tellerrand, er endet jetzt nicht me