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Predigt:  Hosanna und Kreuzige ihn – was bleibt im Heiligen Land?

Zu: Hilfe für das Heilige Land; Evangelium: Vom Einzug Jesu in Jerusalem

Palmsonntag (C), 14.04.2019: 08:30h Quettingen; 09:45 Lützenkirchen

Im Namen+. – Heute ist Palmsonntag, und das ist ein Festtag mit zwei Gesichtern. Einerseits feiern wir mit der jubelnden Volksmenge den Einzug des ersehnten Messias und Königs in Seine Stadt Jerusalem mit dem großen Hosianna. Andererseits ist da das schreckliche »Kreuzige ihn!«, der vielen, vielen Hasser, dessen wir in der heute beginnenden Karwoche mit Trauer und Tränen gedenken. Das Verstörende daran: Es sind wohl großenteils dieselben Menschen gewesen die zuerst Jesus zugejubelt und Ihn dann ans Kreuz getrieben hatten. Dies alles im Heiligen Land, in der Heiligen Stadt Jerusalem, in denen Gott der Herr so viele Wunder getan hatte, in denen fast jeder Stein vom heiligen Bund Gottes mit Seinem Volk sprach, dem Bund, der Liebe, Frieden und Gerechtigkeit verheißen hatte.

Heutige Christen sind zu Zeugen dieses Kreuzes für die Welt gerufen: dass nämlich der gute Gott alles, sogar sich selbst, aufgibt um der Liebe und der Versöhnung der Menschen willen – und auch dafür, dass die Menschen zutiefst gespalten darauf antworten. Einerseits sehnen sie sich nach Frieden, Harmonie und Brüderlichkeit und feiern hier bei uns in schönen Kirchen schöne Feste mit schönen Liedern. Andererseits kreuzigen sie Frieden und Brüderlichkeit und Gerechtigkeit immer wieder neu, und sei es, indem sie an der Not der Brüder und Schwestern vorbei sehen und sie mit ihrem Zeugnis für das Kreuz jämmerlich allein lassen. Hier Festfeier, dort Gleichgültigkeit gegenüber der Grausamkeit – sind wir nicht viel zu oft gespalten, Christen mit zwei Gesichtern, sozusagen Palmsonntagschristen, janusköpfig, mit doppeltem Gesicht? –

Brüder und Schwestern im Glauben an Christus, unseren Herrn: Heute geht es mir um das Schicksal der einheimischen Christen im Heiligen Land, dem Heimatland unseres Heilands selbst, Seiner Mutter und Seiner Apostel. Dort sind nämlich heute noch wahre Zeugen des Kreuzes daheim. Sie haben es unglaublich schwer, in ihren eigenen Dörfern und Städten zu leben und zu glauben. Dass sie zusammenkommen und Hosianna singen können, ist kei­neswegs mehr selbstverständlich. Von drei Seiten stehen sie unter Feuer: Vonseiten der schlimmen wirtschaftlichen Lage, der hohen Arbeitslosigkeit und der fehlenden Lebensperspektive; vonseiten eines zunehmenden radika­len Islamismus unter muslimischen Palästinensern; und vonseiten der Besat­zungsmacht mit ihrer Einschnürungs-, Unterdrückungs- und Vertreibungs­politik. Ein schockierendes Beispiel dafür ist die Mauer mitten durch Paläs­tina. Die hat zum Beispiel bei der Stadt Betlehem eine Höhe von bis zu acht Metern. Sie trennt die Menschen von Feldern, Friedhöfen, Verwandten und der ganz nahe gelegenen Stadt Jerusalem. Diese Mauer muss man sich komplett mit Stacheldraht, Kontrollstreifen, Flutlichtanlagen, Streifenweg und und Bewegungsmeldern vorstellen. Dabei haben die christlichen Palästi­nenser – immerhin die Ureinwohner des Heiligen Landes – mit dem schreck­lichen Terror, gegen den die Mauer gerichtet ist, eher nichts zu tun.

Ich fürchte, ich selbst verhalte mich angesichts dieser Lebensumstände meiner Brüder und Schwestern, die ihren Glauben in der Heimat Jesu leben, ziemlich gespalten. Hier vorne also singe ich Hosianna, und dahinten tue ich wenig bis nichts dagegen, dass die Verwandten Jesu Christi aus ihrem Heimatland gedrängt werden und ihr Glaube mehr und mehr verschwindet. Ich finde Pilgerreisen nach Jerusalem gut – und ignoriere gleichzeitig, dass die Stadt und das Land in wenigen Jahren fast ohne einheimische Christen sein sollen. Wie wir es im Einzugsevangelium von Palmsonntag aus dem Munde Jesu Christi gehört haben: »Ich sage euch: Wenn sie verstummt sind, werden die Steine schreien!« Höre ich die Christen schreien? Oder werde ich bald nur noch die Steine dort schreien hören? Sehe ich die Tränen der Muttergottes und der Apostel im Himmel über ihr irdisches Heimatland? Höre ich die Stimme Jesu, der uns heute wieder sagt: Weint über Jerusalem?!

Vor einiger Zeit bin ich also zu dem Schluss gekommen, dass ich wenigstens auf eine Weise dazu beitragen kann, dass viele dortige Christen trotz Armut, Arbeitslosigkeit und Demütigung vielleicht in ihrer Heimat bleiben. Eigentlich hat mich Msgr. Daniels auf die Idee gebracht. Ich bin Mitglied auf Lebenszeit in dem Deutschen Verein vom Heiligen Lande geworden und gebe aus Überzeugung meine Spenden dafür. Dieser Verein betreibt oder unterstützt seit hundert Jahren Schulen, Kindertagesstätten, Berufsbildung, Krankenhäuser, Kirchen, Gemeindezentren und Klöster im Heimatland Jesu. Er beteiligt sich an Baumaßnahmen und gewährt Einheimischen Hilfe und Unterstützung für ihre sozialen Initiativen. Und er schickt jedes Jahr junge Freiwillige aus Deutschland. Dieser mein Verein trägt dazu bei, dass die Menschen im Heiligen Land bleiben, leben und den Glauben feiern können. Dass Christen im Land Christi bleiben können.

So lege ich Ihnen mit Überzeugung ans Herz, die Spaltung des „Hosianna“ bei uns und des „Kreuzige ihn“ dort drüben überwinden zu helfen. Spenden Sie, geben Sie mit Herz und Hand, wenn jetzt gleich die Palmsonntags-Kollekte zugunsten des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande und der Franziskaner vom Kommissariat für das Heilige Land eingesammelt wird. Damit nach Palmsonntag und Karfreitag das Osterlicht neu aufsteigt und unter den Menschen im Heiligen Land das „Hosianna“ endgültig siegt! In Jesus Christus, unserem Herrn. – Amen.

( H. Korell, St. Maurinus und Marien Leverkusen, 2019 )

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