Still, leer und müde: Spricht man mit den Mitarbeitenden des DVHL im Heiligen Land sind das die Worte, die derzeit am häufigsten zu hören sind.

Still ist es im Areal rund um das Paulus-Haus, der Schmidtschule und des Jerusalem-Büros, berichtet Ralf Rothenbusch. Das Paulus-Haus ist leer, ohne Gäste. Die Mitarbeitenden des Jerusalem-Büros sind auf Anordnung des israelischen Heimatschutzministeriums im Homeoffice. Für die Mitarbeitenden aus dem Westjordanland sei es noch schwieriger als ohnehin schon durch die zahlreichen Checkpoints zu kommen, erzählt Reem Akroush vom Jerusalem-Büro. In der Schmidt-Schule neigt sich ein „außergewöhnliche und herausforderndes Schuljahr dem Ende“ zu, heißt es im aktuellen Newsletter. „Der anhaltende Krieg, die Ungewissheit und das ständige Ertönen der Alarmglocken lasten schwer auf uns allen. Es fühlt sich alles andere als ‚normal‘ an. Und doch verlieren wir die Hoffnung nicht, dass sich die Situation bald verbessern wird.“ Die Kinder seien „unruhig und nervös, sie leiden unter Konzentrationsstörungen und vor allem die Kleineren haben natürlich viele Ängste“, erzählt Schulleiter Dietrich Bäumer im Interview mit dem Kölner Domradio. Präsenzunterricht habe in den letzten Schultagen nicht mehr stattgefunden, vielmehr werde in den Onlinestunden versucht, „mit den Schülerinnen überhaupt in Kontakt zu kommen und mit ihnen über ihre Ängste, Probleme und Sorgen zu sprechen.“

Gemeinsam die Ängste, Bombenalarme und Sirenen auszuhalten, versucht auch Sr. Dominika in Beit Emmaus. Die Bewohnerinnen des Pflegeheims sind wieder alle zusammen im ersten Stock vereint. In Palästina gibt es keine Schutzräume. „Wir alle sind müde“, sagt Sr. Dominika. Kürzlich seien Teile einer Rakete in der Nähe heruntergekommen. Ihre große Sorge: Dass abgeschossene Raketenteile auf das Pflegeheim und die Pflegefakultät in Qubeibeh fallen könnten.

Ein Teil einer abgefangenen Rakete hat kürzlich auch Sharbel Yacub auf der Treppe des Pilgerhauses in Tabgha gefunden. Es könnte sein, dass jemand es gefunden und dort abgelegt hat. Zum Glück sei es aber dort nicht heruntergekommen. Auch im Pilgerhaus Tabgha ist alles geschlossen, die letzten Gäste abgereist. Genauso wie im Kloster Tabgha. „Hier ist alles ruhig, außer wenn der Alarm ertönt“, erzählt Pater Josef. Dann haben sie zehn Minuten Zeit, um den Schutzraum aufzusuchen. In letzter Zeit hätten sie häufiger jüdische Familien im Schutzraum zu Gast, denn der Alarm käme nun nicht mehr nur abends oder nachts, sondern auch morgens, wenn sich Menschen unterwegs auf den Straßen befänden. „Wir alle sind müde“, sagt Pater Josef, „nicht nur wegen der unterbrochenen Nächte, sondern auch wegen der permanenten Anspannung, unter der wir stehen“.

Die Dormitio-Abtei ist weiterhin offen und will bewusst ein Raum sein für Begegnung, Gespräch und Gebet – in der Kirche, bei einer Tasse Kaffee oder einem Mittagessen. „Wir sind nur mit einer absoluten Notbesetzung in Jerusalem und in unserem Priorat in Tabgha: jeweils sind nur drei Brüder vor Ort“, hat Abt Nikodemus im Interview mit dem Domradio erzählt. „Unsere Berufung ist es, einfach da zu sein.“ Deshalb würden die Mönche die Kirchen als Orte des Gebets für jedermann wie gewohnt öffnen. „Wir wollen Inseln der Hoffnung bieten.“ (Mehr…)

Teil einer abgefangenen Rakete schwarz verkohlt auf einem Stück Papier

Aktuell: Ein mobiler Schutzraum für die Schwestern aus den Philippinen in Tabgha

An ihrem Gebäude gibt es keinen Schutzraum. Zwar können sie bei besonderer Gefahr im Pilgerhaus schlafen. Aber gerade bei unerwartetem Alarm brauchen sie dringend einen Schutzraum. Es gibt mobile Schutzräume, portable shelter, für die es auch keine Baugenehmigung braucht. Das Modell ist von den zuständigen israelischen Behörden zugelassen. Kosten: 20.000 Euro. Vielen Dank für Ihre Unterstützung